Dann eben zum Shorttrack

AUTHOR: Dirk Gundel Friday, December 10, 2010 TOPIC: Eisschnelllauf

DESGphoto José Ignacio Fazio DESGphoto / L. Hagen

Die ISU stand in den letzten Jahren mit einiger ihrer Entscheidungen in der Kritik. Eine dieser Festlegungen, die fast still und leise über die “Entscheidungsbühne” ging, lässt die ersten Fachjournalisten um den Erhalt des Eisschnelllaufen als Olympische Sportart fürchten.  Mag der eine oder andere dies als übertriebenes Schreckensszenario sehen, so ist doch festzustellen, dass die ISU mehr und mehr die Weichen Richtung Shorttrack verschiebt.

Dabei verweist die ISU doch stolz auf ihr Förderprogramm, in denen weniger starke Nationen aufgebaut und unterstützt werden sollen. Dies ist auch nicht von der Hand zu weisen, in den Genuss dieser “Entwicklungshilfe” kamen Sportler aus europäischen Ländern wie Weißrussland oder Polen ebenso, wie Eisschnelllaufexoten aus Spanien oder Indien.

Doch was die ISU keinesfalls möchte, dass diese “Außenseiter” dann auch bei Wettkämpfen des Verbandes starten. Um dies zu verhindern wurden Jahr für Jahr die Normen für einen Weltcupstart oder die WM erhöht. 

Vor zwei Jahren stand der Weltrekord der Herren über 500 Meter bei 34,03 sec, dort steht der Rekord noch immer.  Um beim Weltcup startberechtigt zu sein,  mussten vor zwei Jahren mindestens 37,50 sec in einem ISU-Wettbewerb erreicht werden. In diesem Jahr sind aber schon 36,50 sec.

Ähnlich sieht es bei den Damen aus, der Rekord wurde gerade mal um 0,02 Sekunden verbessert, für einen Weltcupstart sind nun aber 40,2 sec statt 41,0 zu leisten.

Im Gegensatz zu anderen Sportarten, auch dem Shorttrack, gibt es unter der Weltcupserie jedoch Nichts. Keine internationale Rennserie in der Wettkampfpraxis gesammelt oder gar ein Aufstiegsrecht für den Weltcup errungen werden kann.

Nun ist dies für die großen Eisschnelllaufnationen an sich kein großes Problem, dort sind die Sportler entweder in den jeweiligen Sporthilfe-Systemen oder bei Privatteams gut versorgt. Für kleinere Nationen ist die Teilnahme an Weltcups und internationalen Meisterschaften oftmals die Voraussetzung um genügend Sponsorengelder zu sammeln.

Der niederländische Fachjournalist Marnix Koolhaas, gleichzeitig Betreuer des Argentinischen Läufers José Ignacio Fazio, schildert in seinem Artikel die Probleme die den Argentinier zum Wechsel in den Shorttrackbereich gezwungen haben. José ist dabei kein schlechter Läufer, er hält die Landesrekorde auf allen Strecken und insbesondere im Sprint (36,98 und 1.12,15) hat er gute Zeiten vorzuweisen, allerdings nicht gut genug für die ISU.

Beim Shorttrack-Weltcup hat die ISU allerdings keine Probleme mit dem Start des Argentiniers. Obwohl absolute Novize und ohne jede Wettkampferfahrung in dieser Disziplin gab José am Freitag beim Weltcup in Shanghai sein Debüt.

Marnix Koolhaas beklagt in seinem Artikel wohl nicht ganz zu Unrecht eine Doppelmoral der ISU. Zumal es im Shorttrack in der Tat noch kontinentale Rennserien gibt.

Wären die Normen vor Jahren ebenso hoch wie Heute, dann hätten wir den einen oder anderen Sportler der jetzt zu den Besten gehört, wohl niemals im Weltcup gesehen. Cathrine Grage aus Dänemark oder Jilleanne Rookard aus den USA um nur zwei zu nennen, wären wohl kaum zum Eisschnelllaufen gewechselt, hätten sie nicht die Perspektive internationaler Starts vor Augen gehabt.

Es ist wohl kaum anzunehmen, dass dies nicht auch innerhalb der ISU-Führung erkannt wurde. Das diese unglaublichen Normerhöhungen nun trotzdem kamen, zeigt wohin die ISU steuern will. Wenn eine olympische Disziplin nicht mehr auf breiter Nationenbasis steht, wird sie natürlich auch ihren Status im IOC verlieren und dann schnell mal die eine oder andere Wettkampfstrecke abgeben.

Die Auswirkungen der Entscheidung zeigen  sich im Moment unmittelbar in den Starterfeldern. Ganze 23 Damen haben für Obihiro auf der 1000 Meter Strecke gemeldet, da brauch man in der Tat keine B-Gruppe mehr. Ganze Nationen fallen aus den Starterfeldern heraus, weil sie keine Norm erreicht haben.  Dazu zählt in diesem Jahr im übrigen auch Ungarn. Die DESG konnte vor heimischen Publikum über 1500 Meter nur vier Herren an den Start bringen, kein Fünfter hat die Norm.

Wenn diese Entwicklung in den nächsten Jahren so fort gesetzt wird, dann wird José Ignacio Fazio nicht der letzte Sportler sein, der das lange Oval verlässt und Argentinien nicht die letzte Nation die dann sagt: “Dann eben zum Shorttrack”.

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