Shorttrack Weltcup Shanghai: Ein Komet namens Noh

AUTHOR: Gastauthor Monday, December 13, 2010 TOPIC: Short Track

DESGphoto Anthony Douglas DESGphoto / L. Hagen

(von Maos Heatbox) Ist in Shanghai ein neuer Stern am Shorttrack-Himmel aufgegangen? Jedenfalls gelang dem 18-jährigen südkoreanischen Junior Noh Jinkyu bei seinem erst zweiten Weltcup das Kunststück, bei drei Starts drei Siege einzufahren. Eine Woche nach seiner Premiere auf internationalem Eis (in Changchun Vierter über 500 m) sicherte er sich in Shanghai Weltcupsiege über 1000 und 1500 Meter sowie mit der Staffel der Südkoreaner, die insgesamt acht der zehn möglichen Siege holten. Zwei Siege blieben bei Gastgeber China. Die deutschen Shorttracker überzeugten vor allem im Staffelwettbewerb. Beide Quartette erreichten Platz zwei im B-Finale und wurden damit insgesamt Sechster. Das Gesamtbild der Shanghaiser Weltcups wurde durch einen heftigen Unfall getrübt, bei dem sich im 500-m-Halbfinale der Chinese Han Jialiang schwer verletzt hat.

Dennoch wird es ganz schwer, im Gesamt-Weltcup noch unter die ersten sieben zu laufen, was nötig ist, um das Ziel WM-Teilnahme in Sheffield (11. bis 13. März) zu erreichen. Gastgeber Großbritannien ist automatisch qualifiziert. Derzeit liegt Deutschland im Staffel-Weltcup sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern auf Platz neun. Ausgerechnet Russland einer er unmittelbaren Konkurrenten konnte beide B-Finals von Shanghai für sich entscheiden und seine Position vor Deutschland festigen.

Gastgeber China wurde von der verjüngten südkoreanischen Mannschaft teilweise vorgeführt. Eigentlich die Nummer 1 bei den Frauen, mussten die Chinesinnen zusehen, wie sich Südkorea drei der vier Einzelentscheidungen sicherte. Trostpflaster: Im Staffelrennen konnte sich Chinas Frauen-Quartett haarscharf vor Südkorea den Sieg sichern. Bei den Männern gingen alle fünf Weltcupsiege nach Südkorea. Die unglaublich starken Franzosen verteidigten die Weltcupführung über 1500 Meter (Maxime Chataignier) und 1000 Meter (Thibaut Fauconnet), über 500 Meter behaupten sie Platz zwei (Fauconnet). Auf den Einzelstrecken sind die beiden Streichwerte schon jetzt berücksichtigt.  Am Ende werden bis zu sechs von acht möglichen Punktwerten für das Weltcupranking berücksichtigt. Sicher werden die Südkoreaner, die beim ersten Weltcupblock in Nordamerika gefehlt hatten, bei den verbleibenden Weltcups die Weltcupwertungen noch aufmischen.

Mit zwei 17. Plätzen über 500 und 1000 Meter sorgte Paul Herrmann (Dresden) für das beste deutsche Einzelergebnis. Der Staffel-WM-Dritte war dennoch der Pech­vogel des Wochenendes: Nachdem er die direkte Qualifikation für das Viertelfinale verfehlt hatte, kämpfte er sich beide Male ins Finale der Hoffnungsrunde, aus der sich noch zwei Läufer qualifizieren. Herrmann wurde beide Male knapp geschlagen Dritter. Hingegen konnte sich Bianca Walter auf den ersten 1500 Meter als Zweite im Hoffnungs-Finale noch für die Entscheidungssession qualifizieren. Als Siebente ihres Halbfinals blieb für sie Platz 19.

Die verbleibenden Weltcups finden in Moskau und Dresden statt. Die Sachsen-Haupstadt erlebt vom 18, bis 20. Febriar 2011 zum zweiten Mal nach 2009 das Weltcup-Finale.

Quelle: Maos Heatbox

ISU-Ergebnisdienst

Gespräch mit Miroslav Boyadzhiev

DESGphoto Miroslav Boyadzhiev DESGphoto / L. Hagen

Nach dem Asien-Weltcupblock sind die Europameisterschaften vom  14. bis 16. Januar in Heerenveen das nächste Zwischenziel für die deutschen Shorttracker. Zu den Leistungen in Asien und wie es weitergeht − darüber sprach »Maos Heatbox« mit Miroslav Boyadzhiev (31), Junioren-Bundestrainer und derzeit auch für die Nationalmannschaft verantwortlich.

Sechste Plätze sind ein feines Ergebnis für die deutschen Staffeln. Aber dass Russland beide B-Finals gewonnen hat, ist hinsichtlich der WM-Qualifikation schon ärgerlich, oder?

Ja, aber die Russen sind wirklich stark. Sie sind im Unterschied zu unserer Mannschaften gegenüber der Olympiasaison zusammengeblieben und haben jetzt einen renommierten koreanischen Trainer. Sie stecken viel Geld und Anstrengung in den Wintersport. Aber unsere Männer waren dran an den Russen, 35 Runden lang. Dann mussten die Italiener überrundet werden, sie waren zuvor gestürzt. Die Russen sind noch gerade so bis zur Kurve an ihnen vorbeigekommen, wir nicht, und haben zehn Meter verloren. Das Loch konnten wir in den verbleibenden Runden leider nicht mehr schließen.

Vor dem Halbfinale schien sogar möglich, mit um den Einzug in den A-Endlauf zu kämpfen, aber es gab einen Sturz …

Robert Becker ist das Missgeschick schon nach 13 Runden passiert. Es war ein Déjà-vu des Vorlaufs, da ist es auch schon passiert. Aber gegen eine Mannschaft wie Australien konnten wir im Vorlauf den verlorenen Boden wieder aufholen, die Mannschaft hat sehr gut gekämpft. Auch im Halbfinale hat sie alles versucht, aber die anderen drei Mannschaften − China, die Niederlande und Italien − haben natürlich bemerkt, dass wir zurückgefallen waren und haben gemeinsam vorn das Tempo hochgehalten. Da hatten wir keine Chance.

Pech hatte anscheinend auch Paul Herrmann, der  sich zweimal ins Finale der Hoffnungsrunde gelaufen hat und zweimal als Dritter knapp daran scheiterte, noch ein Ticket für die Entscheidung nachzulösen.

Das war schade, aber trotzdem muss ich Paul Herrmann Lob zollen. Aus beruflichen Gründen ist er sehr spät und mit viel Trainingsrückstand in die Saison gestartet. In Kanada war das noch lange nicht der Paul Herrmann, den wir kennen. Jetzt auch noch nicht, aber schon viel besser als beim ersten Weltcup-Block. Er ist spritziger und traut sich auch mehr. Seine Formkurve zeigt nach oben, und ich glaube, die Weltcup-Zuschauer in Dresden können sich auf einen Paul Herrmann in alter Stärke freuen.

Möchten Sie noch jemanden hervorheben?

Vielleicht Bianca Walter. Sie konnte sich in Shanghai als einzige für eine Entscheidungssession qualifizieren und war auch die Führungsläuferin in der Staffel.

Für die Staffeln wird es allerdings schwer, sich noch für die Weltmeisterschaften zu qualifizieren, beide sind neunte im Weltcup, mit einigem Abstand zu Platz sieben.

In der Tat, das wird ganz schwer. Aber wir geben nicht auf. Vielleicht platzt noch der Knoten und wir können uns für ein A-Finale qualifizieren. Möglich ist das!

Beim Shorttrack-Weltcup in Shanghai gab es leider auch einen schweren Unfall. Was ist passiert?

Im 500-m-Halbfinale der Männer sind der Südkoreaner Kim Byeong-Jun und der Chinese Han Jialiang gestürzt und beide so unglücklich an die Bande gerauscht, dass die Kufe des Koreaners direkt in den Bauch des Chinesen geriet. So viel Blut auf dem Eis habe ich in meiner Karriere noch nicht gesehen. Die Rettungskräfte waren sofort zu Stelle, aber Han hat wirklich viel Blut verloren. Man weiß ja immer, dass Shorttrack ein gewisses Verletzungsrisiko birgt, aber das geht einem wirklich nahe. Und natürlich auch den Läufern.

Nächster Höhepunkt im Saisonverlauf sind die Europameisterschaften vom 14. bis 16. Januar 2011 in Heerenveen. Wird es Veränderungen in der Mannschaft geben?

Wir haben ja gegenüber dem ersten Weltcupblock zwei Männer und zwei Frauen zu Hause gelassen. Und in Dresden gibt es vielleicht noch weitere Kandidaten. Ich bin aber jetzt drei Wochen raus, ich kann nicht einschätzen, wer genau in Frage kommt. Das werden wir nach unserer Rückkehr sehen. Wir haben verschiedene Qualifikationskriterien, und die werden wir anwenden. Voraussichtlich werden fünf Männer und fünf Frauen nach Heerenveen fahren.

Spielt die Leistung der Sportler jetzt bei den Weltcups eine Rolle?

Ja, sie spielt eine Rolle, aber nicht die einzige. Wir haben sämtliche Läufer aller Sportler auf Video aufgenommen und werden das noch in Ruhe auswerten. Und auch der neue Bundestrainer Mike Kooreman kann sich anhand der Filme ein Bild machen von unserer Mannschaft.

Wird er die Mannschaft schon nominieren?

Das wäre unrealistisch. Er kommt Anfang Januar erstmals nach Dresden und wird dann die Läufer und das Betreuerteam kennenlernen. Es wird eine geordnete, kollegiale Übergabe werden, aber keine überstürzte.

Danke für das Gespräch, und gute Heimreise!

Quelle: Maos Heatbox

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